Quo Vadis Afghanistan nach 2014?

Von Peter E. Uhde

Wolfgang Kopp begrüßt die Teilnehmer am Seminar Sicherheitspolitik

Die Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik und ihre Kooperationspartner, die Clausewitz-Gesellschaft, Deutsche Atlantische Gesellschaft, Deutsche Wehrtechnische Gesellschaft, Konrad-Adenauer-Stiftung und Deutscher BundeswehrVerband, hatten zum Sicherheitspolitischen Kongress am 17. November nach Baden-Baden eingeladen. Unter dem Globalthema „Afghanistan 2014 – Herausforderungen an die deutsche Beteiligung an internationalen Krisenreaktionseinsätzen“ standen Vorträge und Diskussionen.

Bei der Begrüßung der Teilnehmer bedauerte Wolfgang Kopp, Brigadegeneral a.D. und Landesvorsitzender Baden-Württemberg, dass der Verband der Reservisten in diesem Jahr nicht mit im Boot ist. Die Schirmherrschaft der traditionellen Veranstaltung hat Oberbürgermeister Wolfgang Gerster übernommen, der die Teilnehmer zum Abschluss im Rathaus empfing.

Afghanistan eignet sich nicht für den Wahlkampf

Ernst-Reinhard Beck, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion, ging in seinen Ausführungen auf die kritische Situation im Nahen Osten ein. Der Blick auf den Wahltermin im Herbst 2013 mache manche Entscheidung, wie die Mandatsverlängerung für Afghanistan nicht einfacher. „Es wäre schlimm, wenn Afghanistan in den Wahlkampf gerät“, meinte der Oberst d.R. Die Frage, wie es 2014 am Hindukusch weitergehe, beschäftige die politisch Verantwortlichen, die Leitungslösung hat wohl niemand. Allein die ordnungsgemäße Rückverlegung der deutschen Truppen wird eine große Herausforderung für die Logistik. Gleichzeitig ist zu bedenken, dass die Bundeswehrreform parallel umgesetzt wird. Der Aspekt der Sicherheit für die Truppen ist bei allen Maßnahmen der Rückverlegung nicht zu vernachlässigen. Im Zweifelsfalle müssen Bündnispartner Schutzaufgaben übernehmen. Wer übernimmt aber den Schutz der zivilen Organisationen? Inwieweit werden die sich in den Folgejahren engagieren? Viele offene Fragen.

Ernst-Reinhard Beck analysiert aus politischer Sicht die Rückverlegung der Truppe aus Afghanistan

Von dem Dreiklang, Entwicklung, Aufbau und Versöhnung, unter dem einmal in Afghanistan angefangen wurde, ist von Versöhnung wenig zu hören. Die Hoffnung, „2014 ist es in Afghanistan zu Ende“ ist falsch. Der deutschen Bevölkerung scheint das nicht klar zu sein. Hier ist mehr Information nach außen erforderlich, waren sich die Teilnehmer einig. Etwa dreiviertel der Bevölkerung lehnen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ab. Was in den letzten Jahren aber an Positivem geschaffen wurde geht unter, weil darüber auch in den Medien zu wenig berichtet wird. Das Besondere Vorkommnis mit Toten und Verletzten findet eher Aufmerksamkeit.

Stabilisierung stand im Vordergrund

Dustin Dehéz, Geschichtswissenschaftler, warf einen Blick auf die NATO und deren Beschlüsse vom Gipfel in Chicago und der Strategie von Lissabon 2010. In Chicago hat Afghanistan kaum eine Rolle gespielt. Smart Defence war das Thema.

Dustin Dehéz stellt die Frage: „Quo Vadis NATO?“

Zur Strategie für Afghanistan meinte der Redner fünf Fehler zu diagnostizieren. Zum einen war es ein Fehler, das Schicksal Afghanistan an die Administration von Hamid Karzai festzuschreiben. Das Konzept der Lead Nation hat sich nicht bewährt, weil viele Nationen die übertragenen bzw. übernommenen Aufgaben nicht umsetzen können. Trotz des Bekenntnisses zum Aufbau ist es im Prinzip nicht dazu gekommen. Die Fixierung auf die Bekämpfung der Taliban ist zu einfach, da es verschiedene Gruppierungen gibt. Der Ansatz „wir machen da Demokratisierung“ hat nicht funktioniert. In erster Linie stand immer die Stabilisierung im Vordergrund. Wie Afghanistan regiert werden soll, weiß niemand richtig. Die Frage nach einem Demokratiemodell für das heterogene Land blieb unbeantwortet, genauso wie eine Patentlösung für die Rauschgiftbekämpfung.

Bemerkungen und Erfahrungen

Karl-Heinz Lather erläuterte den Ablauf von Krisenreaktionen innerhalb des NATO Bündnisses. Als ehemaliger Chef des Stabes im Hauptquartier Europa hat er drei Jahre die politischen und militärischen Entscheidungsprozesse erlebt und mitgestaltet. Jede Operation findet unter politischer Kontrolle statt. Die Trennung der Entscheidungs- und Führungsebenen zwischen Strategie, Operation und Taktik  ist bei ISAF nicht immer möglich. Zur Führungskunst gehört es, 50 Nationen die für ISAF Truppen stellen, zu einem Ziel zu vereinen. Dass in Afghanistan Krieg und Stabilisierungsmaßnahmen geführt werden, wurde spät realisiert, meinte der General a.D. Mart de Kruif. Er war zwei Jahre Kommandeur des Regionalkommandos Süd.  Während seiner Verantwortung für 45.000 Soldaten hatte er 78 Tote und 700 Soldaten mit erheblichen gesundheitlichen Schäden zu beklagen. Die Untätigkeit der Vereinten Nationen im Bereich des Regionalkommandos Süd, sowie das Unterlassen des strukturellen Aufbaus sprach er an. Die internationale Zusammenarbeit der Soldaten, 24 Nationen stellten Truppen in seinem Bereich, ist gut. Die Freiheit des Handelns, Auftragtaktik, bringt den Erfolg. Trotz aller modernen Technik, ist der Mensch nicht zu ersetzen. Die Berichterstattung in den Medien wird mehr als Bedrohung, denn als Hilfe für die Truppe angesehen. Mit einem Plädoyer für die deutsch-niederländische Zusammenarbeit schloss der Generalleutnant und Inspekteur des Niederländischen Heeres  seine Ausführungen.

Das Panel: Generalmajor Markus Kneip, General a.D. Karl-Heinz Lather, Generalmajor a.D. Christian Millotat (Moderator) und Generalleutnant Mart de Kruif

Markus Kneip war 2011/12 Kommandeur des Regionalkommandos Nord. Das herkömmliche Lagebild, vorne ist der Feind, gilt in Afghanistan nicht. Der Feind kann überall sein. Die Verluste durch Innentäter haben sich in letzter Zeit gehäuft. Die Multinationalität von 18 Nationen  macht manches schwieriger, ohne die USA geht es nicht, aber die 16 anderen brauchen uns. Die Entscheidungen des taktischen Führers vor Ort haben manches mal strategische Bedeutung, Stärke ist gefordert. Die Soldaten kommen als bessere Bürger aus Afghanistan zurück, manche auch mit Problemen, was nicht verschwiegen werden darf. Generalmajor Kneip ist jetzt im Verteidigungsministerium  in der Abteilung Strategie und Einsatz tätig.

Fortsetzung im Herbst 2013

Die drei Gesprächspartner machten es dem Moderator Christian Millotat leicht, den Faden in der Hand zu behalten. Die inhaltliche Struktur des Kongresses hat der Generalmajor a.D. und Mitglied der Clausewitzgesellschaft maßgeblich gestaltet.

Auch Gäste aus der Schweiz waren zum Kongress gekommen

Mit dem Dank an  Kooperationspartner, Organisatoren und  Teilnehmer sowie dem Hinweis, sich den 19. Oktober 2013 frei zu halten, schloss der Landesvorsitzende den Kongress.

  

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