Im Cyberspace lauern Gefahren

Erster Cyber Security Summit in Bonn

Botschafter a.D. Wolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchener Sicherheitskonferenz (links) neben Telekom-Chef René Obermann

„Der Krieg hat längst begonnen“, lautet die Überschrift eines Artikels in der österreichischen militärischen Fachzeitschrift TRUPPENDIENST 2/2012. Bewegt sich der Autor in einer virtuellen oder einer realen Welt? Die Antwort auf diese Frage wird unterschiedlich gesehen. Neue Begriffe wie Cyber War und Cyber Defence haben sich in den letzten Jahren herausgebildet und tauchen immer wieder in den Medien, verbunden mit Beispielen von Angriffen auf Computernetzwerke, auf.

Cyber Security Summit 2012

Die Sensibilisierung von Entscheidungsträgern aus Wirtschaft und Politik führte zum ersten Cyber Security Summit am 12. September 2012. Die Münchener Sicherheitskonferenz und die Deutsche Telekom hatten Führungskräfte aus den Branchen Energie, Finanzen, Gesundheit, Produktion, Handel & Logistik und Medien zu diesem IT-Sicherheitsgipfel der deutschen Wirtschaft nach Bonn eingeladen. Als Initiatoren wollen die Münchener Sicherheitskonferenz und die Deutsche Telekom neue Impulse für einen sicheren Cyberstandort Deutschland setzten.

Alle Bereiche der Politik, der Wirtschaft, letztlich die gesamte digitale Gesellschaft sind heute von funktionierenden IT- und Internetstrukturen abhängig. Damit einher gehen aber auch Verwundbarkeit und Bedrohungen aus dem Cyberraum, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Unternehmen des Standortes Deutschland beeinträchtigen können. „Die Entwicklung hin zu einem `Digitalen Wilden Westen` führt zu einer neuartigen Bedrohungslage und erfordert gemeinsame Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und der `User-Gesellschaft` für ein Mehr an Sicherheit“, erklärt Wolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz.

Für Telekom-Chef René Obermann ist klar, dass der Kampf gegen Spionage und Sabotage aus dem Netz nur mit übergreifenden Kooperationen gewonnen werden kann. „Cybersicherheit lässt sich nicht als rein technologische Herausforderung einzelner Unternehmen isolieren, sondern braucht eine vernetzte Abwehr. Wir wollen mit unserem Veranstaltungspartner eine starke  Gemeinschaft in der deutschen Wirtschaft aufbauen und die Grundlage für eine sichere Zukunft der Gigabit-Gesellschaft schaffen“, erklärt er.

Bewertung gesellschaftlicher Risiken

Vorgestellt wurde der Cyber Security Report 2012. Dieser beruht auf einem repräsentativen Querschnitt von 342 Interviews von Entscheidungsträgern aus Wirtschaft und Politik. Das Institut für Demoskopie Allensbach am Bodensee und das Centrum für Strategie und Höhere Führung Bodman am Bodensee führten die Untersuchung durch. Schon 2011 hatten diese Institutionen erstmals einen Sicherheitsreport erstellt.

Von den 342 telefonisch Befragten waren 128 Abgeordnete aus dem Bundestag, aus Landtagen und deutsche Abgeordnete aus dem Europaparlament sowie 214 Top-Führungskräfte aus der Wirtschaft.

Nach Einschätzung der 342 Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft sind Cybergefahren und Datenschutzverletzungen aus einer Liste von 19 ausgewählten Risiken aller Lebensbereiche das größte Risikopotential für die Bevölkerung in Deutschland.

55 Prozent sehen im Missbrauch von persönlichen Daten ein großes Risiko, 54 Prozent im Datenbetrug im Internet und 49 Prozent in Computerviren. Im Vergleich zu den IT- und Datenrisiken sehen 57 Prozent der Befragten die Pflegebedürftigkeit im Alter als größtes Problem. Die Furcht vor EC-Kartenbetrug mit manipulierten Bankautomaten liegt mit 30 Prozent an fünfter Stelle.

Angriffe finden täglich statt

Die Befragten schätzen, dass der Missbrauch von persönlichen Daten und Internet-, Computerkriminalität in Zukunft noch zunehmen werden. Festgestellt wurde auch, dass zweidrittel der Unternehmen „häufig“, „gelegentlich“ oder auch nur „selten“ IT-Angriffen ausgesetzt gewesen waren. Je höher der Umsatz der Unternehmen war, um so „häufiger“ waren die Angriffe.

Bei der Frage nach dem angemessenen Umgang der Politik mit den Risiken der Cyberkriminalität, gehen die Ansichten von Entscheidungsträgern aus Wirtschaft und Politik naturgemäß auseinander. Die Politiker glauben hier genügend zu tun, während die Wirtschaft  mehr Engagement fordert. 66 Prozent der Befragten aus der Wirtschaft haben Zweifel in der Gewährleistung von IT-Sicherheit  durch Fachkompetenz von Politik und Verwaltung.

Für die Zuständigkeit der Sicherung und der Funktionsfähigkeit der Kommunikations- und Datenübertragungsnetze in Deutschland plädieren 77 Prozent der Abgeordneten und 65 Prozent der Führungskräfte aus der Wirtschaft.

Cybersicherheit geht jeden an

In einer Zusammenfassung der Veranstaltung wurden acht Eckpunkte für relevante Handlungsfelder vorgestellt. Hier eine Zusammenfassung: Die Wirtschaft will den Austausch auf den obersten Führungsebenen verstetigen. Die Schaffung rechtlicher und institutioneller Instrumentarien für einen internationalen Dialog ist zu betreiben. Der Aufbau einer Plattform, auf der sich alle Industriezweige und Unternehmen aller Größen einbringen, ist anzustreben. Der offene Austausch über Angriffsszenarien auf freiwilliger Basis ist empfohlen. Eine sichere Informationsgesellschaft braucht eine wachsende Gemeinschaft von Ansprechpartnern in den Unternehmen, die als „Cyber-Wehr“ fungieren. Die Teilnehmer setzen sich ein für den Erhalt der technologischen Souveränität am Standort Deutschland. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen, Institutionen und Organisationen müssen für eine erhöhte Cyber-Sicherheit sensibilisiert werden. Desgleichen gilt für die Bevölkerung im Standort Deutschland. Geeignete mediale Maßnahmen sollten das Vorhaben begleiten.

Der Zuspruch zum ersten Cyber Security Summit 2012 hat die Veranstalter bestärkt, das Treffen auch im nächsten Jahr durchzuführen. Arbeitsgruppen und Workshops werden in den Handlungsfeldern zwischenzeitlich tätig sein.

Peter E. Uhde

Oben                                                                                                                                                                    Zurück

Unsere Partner: