Von Peter E. Uhde

Vom 22. bis 25. Mai werden die Bürger der Europäischen Union (EU) in ihren Ländern zu den Wahlurnen gerufen. In 28 Mitgliedstaaten, mit einer Bevölkerungszahl von über 500 Millionen, findet die Wahl zum Europäischen Parlament (EP) statt. Es ist das einzige Organ der EU, das alle fünf Jahre direkt von den Bürgern gewählt wird. Insgesamt umfasst die europäische Volksvertretung 751 Sitze, davon stehen  96 für die Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung. Am Sonntag,  dem 25. Mai können rund 64,4 Millionen Wahlberechtigte über die Vergabe der Sitze entscheiden.

Mit Spannung erwartet: Die Wahlbeteiligung

Die Spannung über das zu erwartende Abstimmungsergebnis ist groß. Nach der Finanz- und Eurokrise, dem Konflikt über die Krim und der anhaltenden Krise um die Ukraine, sind die Bürger eher negativ zu Europa eingestellt als sie es noch bei der letzten Wahl 2009 waren. Damals waren  nur 43 Prozent der Wahlberechtigten zur Stimmabgabe gegangen. Am meisten war es in Luxemburg mit 90,8 Prozent und am wenigsten zog es die Slowaken mit nur 19,6 Prozent an die Wahlurnen. Die deutsche Wahlbeteiligung lag mit 43,3 Prozent über dem EU-Durchschnitt.

Geburtsstunde des EP ist der 19. März 1958

An diesem Tag konstituierte sich die beratende Versammlung, aus ihr ist das EP geworden. Die erste Direktwahl zum EP fand 1979 statt. Der Gründungsvertrag zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) von 1951 sah eine Parlamentarische Versammlung vor, deren Mitglieder entweder direkt gewählt oder aus den Parlamenten der Mitgliedsaaten delegiert werden sollten. Mitgliedstaaten waren damals die „Sechs“: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande.

In den Verträgen zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom), unterzeichnet am 25. März 1957, wurde die Institution einer parlamentarischen Versammlung beschlossen. Die Anzahl der von den nationalen Volksvertretungen bestimmten Mitglieder betrug 142. Mit den Beitritten von Dänemark, Irland und Großbritannien zum 1. Januar 1973 erhöhte sich die Anzahl der Parlamentarier auf 198. Erst auf Empfehlung des EP erließ der Ministerrat am 20. September 1976 einen entsprechenden Rechtsakt, mit dem die Durchführung allgemeiner und unmittelbarer Wahlen zum EP beschlossen wurde. Vom 7. bis 10. Juni fanden sie in den neun Mitgliedstaaten statt.

Mehr Mitglieder bringen ein größeres Parlament

Die Erweiterung der EU vergrößerte auch das EP. 1981 trat Griechenland der EU bei, 1986 waren es Spanien und Portugal, 1995 Finnland, Österreich und Schweden. Durch den Beitritt  von Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Ungarn und Zypern hatte die EU 25 Mitgliedstaaten. Mit Bulgarien und Rumänien, die 2007 zur EU kamen und 2013 Kroatien, ist die EU auf 28 Mitglieder angewachsen. Seit 2005 laufen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und seit März 2012 ist Serbien Beitrittskandidat.

2004 wurde versucht, in der EU einfachere und effizientere Verfahren für gemeinsame Beschlüsse einzuführen. Die Staats- und Regierungschef unterzeichneten in Rom den Vertrag über eine Verfassung für Europa. Sie wurde in Volksabstimmungen in Frankreich (30.5. 2005) und in den Niederlanden (01.6.2005) abgelehnt.

Der Vertrag von Lissabon soll neuen Schwung bringen

Nach einer „Denkpause“ wurde der der Reformvertrag als „Vertrag von Lissabon am 13. Dezember 2007 von den Staats- und Regierungschefs unterzeichnet. Er trat am 1. Dezember 2009 in Kraft. Hermann Van Rompuy wurde Präsident des Europäischen Rates und Catherine Aston Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik.

Das jetzige EP besteht aus 766 Abgeordneten. Präsident ist Martin Schulz (SPD), der auch für die Neuwahl als Spitzenkandidat der „Progressive Allianz der Sozialdemokraten“ nominiert ist. Die stärkste Fraktion ist die „Europäische Volkspartei“, die den ehemaligen luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker als ihren Spitzenkandidaten benannt hat.

Deutschland hat 96 Sitze im EP

Deutschland mit 82 Millionen Einwohnern hat die meisten Abgeordneten. Die Stimmengewichtung liegt bei 854.167 Einwohnern für einen Abgeordneten. Malta wird mit sechs Abgeordneten vertreten sein. Bei einer Bevölkerung von 0,4 Millionen sind das pro 66.667 Einwohner für einen Abgeordneten.  

Bundeswahlleiter Roderich Egeler, Präsident des Statistischen Bundesamtes, hat bekanntgegeben, dass sich 1053 Kandidaten aus 32 Parteien/Gruppierungen für einen Sitz im EP beworben haben.

Erstmalig wird nach der Europawahl das EP den Präsidenten der Europäischen Kommission wählen. Der neue Präsident wird Nachfolger des Portugiesen José Manuel Barroso, der zwei Amtsperioden an der Spitze der Kommission stand.

Europatag am 9. Mai    

In der gesamten Union wird dieser Tag gefeiert. Er erinnert an die Schumann-Erklärung vom 9. Mai 1950, die als „Geburtsstunde“ der Europäischen Union gilt. Für die Wahlkämpfer nochmals eine Gelegenheit, die Bürger davon zu überzeugen, dass es sich lohnt mit ihrer Stimme eine Entscheidung für die Zukunft zu fällen. Für das EU Motto: „In Vielfalt geeint“  gibt es noch viel zu tun.

Eine Prognose des Meinungsforschungsinstituts TNS Opinion, die vom Europaparlament in Auftrag gegeben wurde, sieht die beiden großen Parteienbündnisse Christdemokraten und Sozialdemokraten jeweils nur auf etwas mehr als je ein Viertel der Stimmen. Bis zu 18 Prozent der Stimmen könnten auf Parteien entfallen, die dem EU-kritischen Spektrum zuzurechnen sind. Die Mehrheitsbildung wäre dann weder für das rechte noch das linke Lager ohne Beteiligung kleinerer Fraktionen möglich. Das könnte bedeuten, dass die Parlamentsarbeit in den kommenden fünf Jahren von einer informellen großen Koalition getragen wird.

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