Tagesbefehl auf dem Petersberg: „Klartext reden“

Von Peter E. Uhde

Die 8. Petersberger Gespräche zur Sicherheit fanden wieder im Gästehaus der Bundesregierung hoch über dem Bonner Rheintal statt. Michael Groschek (MdB/Verteidigungsausschuss), seit Frühjahr auch Vizepräsident des Reservistenverbandes, und Oberst Ulrich Kirsch,  Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes, konnten gut 350 Teilnehmer begrüßen, die der  Einladung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Karl-Theodor-Molinari-Stiftung, dem Bildungswerk des Deutschen Bundeswehrverbandes, gefolgt waren. Die Kooperationsveranstaltung hat inzwischen einen Stellenwert bekommen, der Beachtung findet. Ins Leben gerufen hat sie die jetzige Präsidentin der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik Ulrike Merten. Die Rednerliste wurde angeführt vom SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel. Auf der Agenda standen ferner Staatssekretär Rüdiger Wolf aus dem BMVg und Generalinspekteur Volker Wieker.

MdB Michael Groschek am Rednerpult. Dahinter vlnr. Bundeswehrverbandsvorsitzender Oberst  Kirsch, Moderator Oberst a.D. Schaprian, Generalinspekteur Wieker und StS a.D. Adamowitsch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie

Weiterentwicklung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Gabriel plädierte für eine stärkere gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. In einem Rückblick ging er auf die Versuche in den fünfziger Jahren ein, als die Europäische Verteidigungsgemeinschaft schon einmal weit fortgeschritten war, dann aber am Veto der Französischen Nationalversammlung scheiterte. Gerade auch die Verschiebung der amerikanischen Interessen in den pazifischen Raum machten es notwendig, dass Europa seine Sicherheits- und Verteidigungspolitik, auch unter Aufgabe von Souveränitätsrechten, eine europäischen Armee zu entwickeln, so Gabriel. Unabhängig vom politischen Interesse zwängen auch die Staatshaushalte dazu, möglichst effiziente und effektive europäische Streitkräfte zu schaffen. Eine europäische Armee in einen Einsatz zu schicken, könnte dann eigentlich nur das Europäische Parlament, merkte der SPD-Vorsitzende an.  Die Transformation, die alle Streitkräfte der Europäischen Union durchmachen, müsse viel mehr auf europäisch statt national ausgerichtet sein. „Törichte“ Alleingänge wie bei Libyen kann sich Deutschland nicht wieder leisten. Seine Empfehlung ging auch an die Tagungsleitung, die Petersberger Gespräche mehr europäisch auszurichten.

Erkenntnisgewinn aus der sich anschließenden Diskussionsrunde mit Staatssekretär Wolf, General a.D. Egon Ramms, Franz Borkenhagen und Beiträgen aus dem Publikum: Zuerst müssten die eigenen nationalen Interessen definiert werden. So lange darüber keine Klarheit herrsche, sei es schwierig, auf die europäische Karte zu setzen. Im nächsten Jahr jährt sich die Herausgabe der Europäischen Sicherheitsstrategie zum zehnten Mal, das wäre eine gute Gelegenheit, von politischer Seite aktiv zu werden.

Diskussionsrunde auf dem Podium

Bilanz der Neuausrichtung der Streitkräfte

General Wieker erläuterte nochmals die Entscheidungsschritte hin zur Bundeswehr der Zukunft. Die Reform gehe nicht ohne Belastungen der Truppe von statten, betonte der Generalinspekteur. Mit der Freiwilligenarmee werde Neuland betreten. Der Personalbedarf könne bisher gedeckt werden, nun gelte es einen alters- und strukturgerechten Personalkörper zu gestalten, erläuterte Wieker. Härten ließen sich allerdings nicht vermeiden, aber das Prinzip der Inneren Führung und das Führen durch Auftrag hätten sich auch in dieser Reform schon bewährt, wenn auch eine „belastende Stimmung“ festzustellen sei, fügte der General hinzu.

Für Oberst Kirsch, den obersten Vertreter des Berufsverbandes, stehen die Probleme der Menschen im Mittelpunkt, die mit der jetzigen Strukturreform verbunden sind. Er bemängelte, dass die Instrumente, die jetzt auf dem Tisch liegen nicht ausreichten, um den Personalabbau sicher zu stellen. Auch müsse die Attraktivität für neues Personal in Konkurrenz zur Wirtschaft verbessert werden. Gerade im Hinblick auf die demographische Entwicklung sei der Wettbewerb um qualifiziertes Personal intensiver, so Kirsch.

Gespräche werden fortgesetzt

Was bleibt vom Gesagten und Diskutierten? General Wieker sprach von einem „Spannungsdreieck“ in dem man sich bewege. „Politisch diktierte Umfänge, verteidigungspolitische Bedingungen und finanzielle Vorgaben“ seien in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Dass die Bundeswehr der Zukunft aber mehr Musikkorps als Panzerbataillone habe, wie ein Diskussionsteilnehmer anmerkte, hinterließ eine gewisse Nachdenklichkeit im Plenum.

Die 9. Petersberger Gespräche sind für den 9. März 2013 terminiert. Zu diesem Zeitpunkt wird dann schon mehr über die neue Bundeswehr zu sagen sein.

Alle Fotos: W. Kaenders

 

Video: Schlussstatement von MdB Michael Groschek

 

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