Wahl des Bundespräsidenten

 Von Peter E. Uhde 

Am Sonntag, dem 18. März 2012 wählt die 15. Bundesversammlung den elften Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. An diesem Tag tritt im Plenarsaal des Bundestages in Berlin das Gremium zusammen, dessen einzige Aufgabe es ist, den Bundespräsidenten zu wählen.

Reichspräsident in der Weimarer Republik

Mit der Abdankung Kaiser Wilhelm II. am 9. November 1918 und der Weimarer Republik als neuer Staatsform stellt sich die Frage nach dem Staatsoberhaupt. Am 11. Februar 1919 wählt die Nationalversammlung in Weimar den achtundvierzigjährigen Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten. Bis zu seinem Tod am 28. Februar 1925 steht Ebert an der Spitze der Republik.

„Der Reichspräsident wird vom ganzen deutschen Volk gewählt“, heißt es in der Weimarer Verfassung vom 11. August 1919. Die unmittelbare Wahl findet am 29. März 1925 statt. Von den sieben Kandidaten kann keiner im ersten Wahlgang mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich vereinen. Für den 26. April wird ein neuer Wahltermin festgelegt. Mit relativer Mehrheit setzt sich der 77-jährige Generalfeldmarschall a.D. Paul von Hindenburg durch, den die im „Rechtsblock“ zusammengeschlossenen Parteien zur Kandidatur überredet hatten. Am 12. Mai wird er im Reichstag vereidigt. Gemäß Art. 47 der Weimarer Verfassung hat er „den Oberbefehl über die gesamte Wehrmacht des Reiches“.

Nach Hindenburgs Tod am 2. August 1934 übernimmt Reichskanzler Adolf Hitler das Amt des Staatschefs und nennt sich „Führer und Reichskanzler“.

Vom Parlamentarischen Rat zum Grundgesetz

Im Parlamentarischen Rat spielt 1948/49 auch die Frage des Staatsoberhauptes der neuen Republik eine Rolle. Einigung herrscht darüber, keine Wahl durch das Volk vornehmen zu lassen. Im Grundgesetz vom 23. Mai 1949 beziehen sich die Artikel 54 bis 61 auf den Bundespräsidenten. Im Gegensatz zum Reichspräsidenten hat er z.B. keine Befehlsgewalt über die Streitkräfte. Gem. Artikel 115 a Absatz 3 verkündet er den Verteidigungsfall.

Das Wahlverfahren regelt das „Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung“. Der Präsident des Bundestages bestimmt Ort und Zeit des Zusammentritts. Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern des Deutschen Bundestages und der gleichen Anzahl von Personen, die von den jeweiligen Landtagen/Senaten der Bundesländer gewählt werden. Sie müssen das aktive und passive Wahlrecht besitzen. Die Anzahl für die Länder wird durch die Bundesregierung festgelegt und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Der 17. Deutsche Bundestag hat 620 Mitglieder, so dass sich die Bundesversammlung aus 1240 Mitgliedern zusammensetzt.

Wahl ohne Debatte

Zum Bundespräsidenten wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestag besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat. Fünf Jahre dauert eine Amtsperiode, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Die Bundesversammlung tagt öffentlich. Die Wahl findet mit „verdeckten amtlichen Stimmzetteln“ statt. Eine Aussprache vor der Abstimmung ist nicht vorgesehen.

In den ersten beiden Wahlgängen ist zur Wahl eine absolute Mehrheit der Stimmen erforderlich, im dritten oder ggf. weiteren Wahlgängen reicht die relative Mehrheit. Eine Stimmengleichheit in einem über den 2. Wahlgang hinausgehenden Wahlgang kann nicht durch ein Los entschieden werden. Nimmt der Gewählte die Wahl an, endet die Bundesversammlung. Die Vereidigung des Bundespräsidenten findet vor den Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates statt.

Die erste Wahl zum Staatsoberhaupt der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland fand am 12. September 1949 statt. Der liberale Theodor Heuss wurde Bundesspräsident. Wiedergewählt wurde er im Juli 1954 für weitere fünf Jahre.

Weitere zwei Wahlperioden residierten im Amtssitz, der Villa Hammerschmidt in Bonn, seit 1994 dem Schloss Bellevue in Berlin, Heinrich Lübke (CDU/1959 bis 1969) und Richard von Weizsäcker (CDU/1984 bis 1994), eine Amtszeit Gustav Heinemann (SPD/1969 bis 1974), Walter Scheel (FDP/1974 bis 1979), Karl Carstens (CDU/1979 bis 1984), Roman Herzog (CDU/1994 bis 1999) und Johannes Rau (SPD/1999 bis 2004).

Horst Köhler (CDU) wurde erstmals am 23. Mai 2004 und am 23. Mai 2009 wiedergewählt. Sein unerwarteter Rücktritt am 31. Mai 2010 machte eine Neuwahl notwendig. Diese fand am 30. Juni 2010 statt. Christian Wulff (CDU) und Joachim Gauck waren die Kandidaten. Im dritten Wahlgang wurde Wulff mit 50,3 Prozent der Stimmen gewählt. Durch seinen Rücktritt am 17. Februar 2012 ist wieder eine Neuwahl erforderlich. Aussichtsreichster Kandidat und damit wohl der neue Bundespräsident ist Joachim Gauck.

 

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