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Die Bundeswehr im Auslandseinsatz

Die 12. Nürnberger Sicherheitstagung thematisierte ein umstrittenes Kapitel aktueller deutscher Sicherheitspolitik

Im Marmorsaal des Presseclubs Nürnberg fand vom 24. – 25.06.2011 zum zwölften Mal die Nürnberger Sicherheitstagung statt, eine sicherheitspolitische „Leuchtturmveranstaltung“ mit herausragenden Referenten und von hohem Informationsgehalt, die alljährlich von der Thomas-Dehler-Stiftung, der Friedrich-Naumann-Stiftung, der Nürnberger Zeitung, der Clausewitz-Gesellschaft, dem Deutschen Bundeswehrverband, der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, dem Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr und der Deutschen Atlantischen Gesellschaft veranstaltet wird. Kooperationspartner ist der Arbeitskreis Bundeswehr und Wirtschaft.

Der frühere FDP-Bundestagsabgeordnete Hildebrecht Braun:

Initiator der Nürnberger Sicherheitstagung 

Als Ideengeber und Motor dieser viel beachteten Tagung fungierte einmal mehr der frühere FDP-Bundestagsabgeordnete Hildebrecht Braun. Unterstützt von Generalleutnant a.D. Trost von der Clausewitz-Gesellschaft, führte er durch die zweitägige Veranstaltung. Politiker und Militärs sowie ein Journalist, ein Bundespolizeidirektor, ein Wissenschaftler und ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zogen vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Erfahrungen und fachlichen Expertise Bilanz der bisherigen Auslandseinsätze der Bundeswehr, verständlicherweise mit einem Schwerpunkt auf Afghanistan. Dies verdeutlichte bereits zu Beginn eine Podiumsdiskussion zum Thema "Die Bundeswehr im Einsatz in Afghanistan" mit dem Kommandeur der Gebirgsjägerbrigade 23, Brigadegeneral Johann Langenegger, Dr. Markus Kaim, Forschungsgruppenleiter Sicherheitspolitik der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und Adolf Kloske-Lesch, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Moderiert wurde das Podium vom Landesvorsitzenden Bayern der GfW, Oberst a.D. Hans-Rüdiger Roeske.

Geballte Expertise auf dem Podium: vlnr. BrigGen Langenegger, Dr. Markus Kaim, Oberst a.D. Hans-Rüdiger Roeske, Adolf Kloske-Lesch

In den folgenden Vorträgen standen insbesondere die politische Verantwortung und militärische Führung der Auslandseinsätze im Fokus der Betrachtungen. Das dabei Klartext geredet wurde, dafür bürgte die Auswahl der Referenten: Hellmut Königshaus, der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, äußerte Unverständnis über Vorbereitungs- und Ausrüstungsmängel im 10. Jahr des deutschen Einsatzes und rügte Auswüchse deutscher Regelungswut, die den Soldaten am Hindukusch die Auftragserfüllung erschwerten. Im Anschluss bewertete General a.D. Karl-Heinz Lather den deutschen Beitrag zu den Auslandseinsätzen aus Sicht der NATO.

Hellmut Königshaus zeigte sich überzeugt, dass ihm auch im nächsten Jahr  die Möglichkeiten, sich unbeliebt zu machen, nicht ausgehen werden.

Im Anschluss an die Vorträge entspann sich mit dem fachkundigen Publikum im vollbesetzten Marmorsaal eine mitunter recht kontrovers geführte Diskussion. Dies galt auch für die letzten beiden Referenten des ersten Tages, dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten und Verteidigungsausschussmitglied von Bündnis90/Die Grünen, Winfried Nachtwei, gefolgt von Oberst Ulrich Kirsch, dem Vorsitzenden des Deutschen Bundeswehrverbandes.

MdB a.D. Winfried Nachtwei, ausgewiesener Experte und Kenner der Lage am Hindukusch

Nachtwei bekannte sich zu seiner Mitverantwortung an der politischen Entscheidung zur Teilnahme an der ISAF-Mission, zeigt sich heute aber eher skeptisch und hält ein Scheitern des Einsatzes für möglich. Der Bundwehrverbandsvorsitzende hatte die undankbare Aufgabe das Interesse des Publikums nach über sieben Stunden Vortragszeit wach zu halten, was ihm allerdings spielend gelang. Auch Kirsch zog eine kritische Bilanz des Erreichten und warnte  eindringlich, dass nicht beim Soldaten gespart werden dürfe.

Oberst Ulrich Kirsch: "Es darf nicht am Soldaten gespart werden"

Mit einem Empfang im alten Rathaus der fränkischen Metropole unterstrich Bürgermeister Horst Förther die Bedeutung der Sicherheitstagung für die Stadt und stellte sie in einen historischen Kontext mit der wechselvollen Geschichte Nürnbergs. Die Präsidentin der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, Frau Ulrike Merten-Hamann, bedankte sich in einem Grußwort stellvertretend für das Veranstaltungsforum für die erwiesene Gastfreundschaft.

GfW-Präsidentin Ulrike Merten-Hamann sprach das Grußwort

Mit einem Grußwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMVg, Christian Schmidt, nahm die Tagung am zweiten Tag ihre Arbeit wieder auf.

Grußwort des ParlStS Christian Schmidt

Anschließend erläuterte der internationale Korrespondent der taz, Andreas Zumach, warum er Auslandseinsätze der Bundeswehr für den falschen Weg zu mehr Sicherheit und Frieden hält. Der engagierte Vortrag und die folgende nicht minder hitzige Diskussion brachten den Zeitplan der wohl organisierten Tagung dann doch ins Wanken.

Andreas Zumach: Befürwortet friedenssichernde Blauhelmeinsätze, lehnt aber friedenserzwingende Mission mit robustem Mandat ab.

Die Tagung richtete ihren Blick nicht ausschließlich auf den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, sondern ließ mit Bundespolizeidirektor Dr. Markus Ritter auch einen Polizeibeamten zu Wort kommen, der als ehemaliger Leiter des deutschen Projektsbüros Polizei in Kabul den Einsatz deutscher Polizisten beim Aufbau der afghanischen Polizei führte. Er erlaubte dem Forum mit seinem anschaulichen Vortrag tiefe Einblicke in die schwierigen Rahmenbedingungen des deutschen Polizeieinsatzes am Hindukusch, verwies zugleich aber auch auf sichtbare Erfolge dieser Mission.

 

Polizeidirektor Dr. Markus Ritter, ehemaliger Leiter des Einsatzes der deutschen Polizei beim Aufbau der afghanischen Polizei in Kabul.

Im letzten Vortrag wagte der ehemalige deutsche Botschafters in Kabul, Dr. Rainald Steck, vor dem Hintergrund seiner Afghanistan-Erfahrungen eine Bewertung, wo die Reise in Afghanistan hingehen  soll. Generalleutnant a.D. Edgar Trost von der Clausewitz-Gesellschaft fasste das Tagungsergebnis anschließend bewertend zusammen.

Generalleutnant a.D. Edgar Trost von der Clausewitz-Gesellschaft

Die Nürnberger Sicherheitstagung ist weit mehr als nur ein Lokalereignis. Sie gewinnt zunehmend überregionale Beachtung und dies zu Recht. Die Ausgewogenheit und Substanz der vermittelten Information, die kritische Analyse, der stets erkennbare Mut zur Wahrheit und Transparenz  waren ein bedeutungsvoller Beitrag zur öffentlichen Debatte über das gegenwärtig wohl umstrittenste Kapitel deutscher Außen- und Sicherheitspolitik.

Text und Fotos: Jürgen Rann

 

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