Von Peter E. Uhde

In den kommenden Wochen wird viel über Willy Brandt geschrieben, gesprochen und im Fernsehen zu sehen sein. Anlass ist der 100. Geburtstag des ehemaligen Bundeskanzlers (1969-1974) und Ehrenvorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD).

Am 18. Dezember 1913 wird Herbert Ernst Karl Frahm  in Lübeck geboren, 1932 macht er dort am Johanneum das Abitur.

Tätigkeit im Untergrund

1933 emigriert er  nach Oslo, arbeitet als Journalist und legt sich den  Tarnnamen Willy Brandt zu. Seit 1931 ist er Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAPD). Getarnt als norwegischer Student geht er 1936 nach Berlin und versucht die Partei zu reorganisieren.

Im folgenden Jahr ist er als Berichterstatter für norwegische Zeitungen im Spanischen Bürgerkrieg tätig, verlässt aber 1937 den Kriegsschauplatz und kehrt nach Norwegen zurück. Nach seiner Ausbürgerung aus Deutschland 1938 wird er 1940 norwegischer Staatsbürger. Als die Wehrmacht  1940 Norwegen besetzt, gerät er in deutsche Gefangenschaft, kann aber unerkannt entkommen und nach Stockholm fliehen. Hier arbeitet er u.a. als Sekretär der „Kleine Internationale“ eines Zusammenschlusses europäischer Sozialdemokraten.

Rückkehr nach Deutschland

Nach Kriegsende 1945 kehrt er nach Oslo zurück, reist 1945/46 nach Deutschland und berichtet für skandinavische Zeitungen u.a. über die Nürnberger Prozesse. 1947 beschäftigt ihn die norwegische Militärmission als Presseattaché beim Alliierten Kontrollrat in Berlin. Brandt erhält wieder die deutsche Staatsbürgerschaft und  wird Vertreter des SPD-Vorstandes in Berlin. Nach der Scheidung von  Carlota Thorkildsen, sie haben eine Tochter Ninja, heiratet er die Norwegerin Ruth Hansen. Aus dieser Ehe gehen drei Söhne hervor.

Von 1949 bis 1957 ist Brandt als Berliner Abgeordneter Mitglied im Deutschen Bundestag.  1955 wird er Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses. Von 1957 bis 1966 leitet er als Regierender Bürgermeister  die Geschicke der  geteilten Stadt.  Nach dem Tod von Erich Ollenhauer am 16.2.1964, wird er dessen Nachfolger als Vorsitzender der SPD.

Vom Vize- zum Kanzler

Nach dem Scheitern der Regierung unter Bundeskanzler Ludwig Erhard 1966 bilden die CDU/CSU und die SPD eine große Koalition unter der Führung von Kurt Georg Kiesinger. Brand wird Vizekanzler und Außenminister. Nach drei Jahren ist dieses politische Experiment zu Ende und die neue Regierungskoalition von Sozialdemokraten und Freien Demokraten wählt am 21.10.1969 Willy Brand zum Bundeskanzler.

Mit seinem Amtsantritt beginnt eine neue politische Ära der Entspannungsbemühungen zwischen Ost und West. Innenpolitisch gelingt es Brand mit dem Slogan “mehr Demokratie wagen“ Teile der 68er Bewegung an seine  Partei zu binden.

Sicherheitspolitik dient dem Frieden

Im Weißbuch 1970 „Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr“ weist er darauf hin, dass Sicherheitspolitik „ein wesentlicher Teil unserer Friedenspolitik“ ist. Er fährt fort: „Die Soldaten verdienen den Respekt und die Anerkennung unserer Gesellschaft, die in Freiheit leben und in gesichertem Frieden arbeiten will. Zugleich verdienen sie den Dank des Staates für den verantwortungsvollen und treuen Dienst, den sie dem Ganzen leisten“. In die Geschichte eingegangen ist die Demutsbekundung vor dem Ehrenmal der Helden des Ghettos in Warschau am 7. Dezember 1970. Nach dem richten der Kranzschleife sank Willy Brandt auf die Knie, ein Bild das um die Welt ging. Am 11.12. 1971 erhält er in Oslo den Friedensnobelpreis für die von ihm geleistete Entspannungs- und Ostpolitik. 

1972 scheitert im Bundestag ein Misstrauensvotum der Union gegen ihn. Bei den Bundestagswahlen im November wird die SPD mit 45,8 Prozent stärkste Partei. Die Unterzeichnung des Grundlagenvertrages  zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR 1973 zur Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen ist eine seiner historischen Leistungen. Als erster Bundeskanzler spricht er am 26. September 1973, anlässlich einer Generalversammlung, vor den Vereinten Nationen in New York.

Rücktritt vom Kanzleramt

Am 24. April 1974 wird Günter Guillaume,  Referent im Bundeskanzleramt mit Zugang zu allem Geheimmaterial, als Spion der DDR enttarnt. Die politischen Folgen bedeuten das Ende der Ära Brandt. Am 6. Mai 1974 erklärt der 4. Bundeskanzler seinen Rücktritt. Der amtierende Finanz- und vorherige Verteidigungsminister Helmut Schmid  wird sein Nachfolger. Bis heute kursieren Gerüchte über seinen Sturz, an dem die eigene Partei nicht schuldlos gewesen sein soll.

Als Vorsitzender der „Sozialistischen Internationale“ und der „Nord-Süd-Kommission“ versucht Brandt in den nächsten Jahren Einfluss auf die gesellschaftliche und wirtschaftliche  Entwicklung zu nehmen. Nach seinem Rücktritt vom SPD-Vorsitz wird er zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Als Alterspräsident eröffnet Willy Brand am 20. Dezember 1990 im Berliner Reichstagsgebäude die neue Sitzungsperiode des Bundestages. Auf seinen Antrag spricht sich der Bundestag 1991 für Berlin als neuen Regierungssitz aus.

Kurz vor Vollendung seines achtzigsten Lebensjahres, am 8. Oktober 1992, stirbt Willy Brandt  in seinem Haus in Unkel südlich von Bonn. Mit einem Staatsakt nimmt Deutschland Abschied. Sein letzter Wunsch war „begrabt mich in Berlin“.  Auf dem Friedhof in Zehlendorf hat er seine Ruhestätte.

Foto: Willy Brandt (1980), Bundesarchiv, B 145 Bild-F057884-0009 / Engelbert Reineke / Lizenz: CC-BY-SA 3.0

 

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