34. Kongress der European Military Press Association in Helsinki

Von Peter E. Uhde 

Der 34. Kongress der European Military Press Association (EMPA) fand vom 8. Bis 10. Oktober 2013 in  Helsinki statt. Aus zwölf Nationen waren rund 50 Mitglieder, Beobachter und Begleiter in die finnische Hauptstadt gekommen. Als Gastgeber und Organisatoren waren die Public Information Division des Verteidigungsministeriums unter der Leitung von Direktor Oberst Jyrki Heinonen und der Chefredakteur der Streitkräftezeitung RUOTUVÄKI Mikko Ilkko.

Flugkörperschnellboote der HAMINA-Klasse an der Pier  -  Foto: Peter E. Uhde  

Das Land mit seinen knapp sechs Millionen Einwohnern ist etwas kleiner als  Deutschland. Der Schwerpunkt der Besiedlung liegt im südlichen Landesteil. Die Ausdehnung von Süden nach Norden beträgt etwa 1160 Kilometer und von Ost nach West etwa 540 Kilometer. Im Osten hat es zu Russland die längste Staatsgrenze mit rund 1.270 Kilometer. Die Grenze im Norden zu Norwegen beträgt etwa 720 Kilometer und zu Schweden etwa 540 Kilometer. Im Westen grenzt Finnland an den Bottnischen und im Süden an den Finnischen Meerbusen, Nebenmeere der Ostsee.

An der Wehrpflicht wird festgehalten

Die Finnen sind stolz auf ihre Armee. Heer, Luftwaffe und Marine bilden die Streitkräfte im nördlichen Teil Europas. Die drei Teilstreitkräfte befinden sich in einem umfassenden Reformprozess, der bis Anfang 2015 abgeschlossen sein soll. Der Direktor der Nationalen Militäruniversität, Commodore Veija Taipalus, erläutert diesen den Kongressteilnehmern. Rüstungs-, Ausbildungs- und Personalkosten beeinträchtigen den kleiner werdenden Verteidigungsetat, der am Bruttosozialprodukt einen Anteil von rd. 1,6 Prozent beträgt. Mit den Reformen will man erreichen wieder mehr Finanzmittel in die Investitionen umzuschichten. Dazu gehört auch die Reduzierung des Reservistenpotenzials von 350.000 auf 230.000 Mann. Die Friedensstärke soll zukünftig nur noch 12.300 Mann betragen. Dies bedeutet tiefgreifende Einschnitte in die Strukturen. Garnisonsschließungen, Zentralisierung der gesamten Logistik und die Schaffung eines Dienstleitungszentrums, das für Personal, IT-Leistung und Verwaltungsaufgaben für die gesamten Streitkräfte zuständig sein wird.

Kanone auf der Seefestung Suomenlinna  -  Foto: Peter E. Uhde  

Landesverteidigung, Hilfeleistung für die zivilen Behörden in Katastrophenfällen und der Beitrag Finnlands zur weltweiten Friedenssicherung, sind die Kernaufgaben der Armee. An der Militäruniversität findet die Ausbildung des Führungsnachwuchses statt. Nach der Bologna-Ordnung gegliedert: Bachelor, Master, Generalstabsdienst und  Möglichkeit der Promotion.

Auf dem Marinestützpunkt Upinniemi

Die finnische Küste besteht fast nur aus Schären. Diesen Gegebenheiten sind die Seestreitkräfte angepasst. Die Schiffe sind deshalb klein und wendig und sind einheimische Konstruktionen. Kapitän Markus Aarnio ist zuständig für den Golf von Finnland (Finnischer Meerbusen). Etwa 76.000 Tanker und 17.500 Passagierschiffe sind jährlich auf dieser Seestraße von und nach St. Petersburg unterwegs. Meeresüberwachung, Schutz der Seerouten, Bewahrung der Neutralität und Abwehr von Angriffen von Meerseite, beschreibt der Kapitän die Marineaufgaben. Estland und Russland sind bei den beiden erstgenannten mit im Boot. Der finnische Meerbusen, etwa 280 Kilometer lang und 40 Kilometer breit, ist dafür in drei Zonen eingeteilt. Es gibt für diese Aufgaben aber auch ein Kooperationsabkommen mit Dänemark, Norwegen, Schweden, Deutschland, Polen, Lettland und Litauen. Ein ausgefeiltes Identifikationssystem steht für die Überwachung zur Verfügung, so dass die automatische Identifikation jederzeit möglich ist.

Schiffsverkehr rund um die Uhr

Vier der modernsten Stealth-Schiffe der Marine liegen an der Pier. Es sind Flugkörperschnellboote der Hamina-Klasse und gebaut  für den Kampf in den Schären. Commander Juha Rautava und Besatzungsmitglieder erläutern Einzelheiten des Schifftyps und der Bewaffnung. Vom gegnerischen Radar sind die Boote aufgrund der Tarnkappentechnik und der Silhouette kaum zu erfassen. Die Eisenteile sind mit einer radarabweisenden Schutzschicht überzogen. Etwas über 50 Meter lang und 8 Meter breit, können sie eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Knoten erreichen. Die Besatzung besteht aus fünf Offizieren und 21 Unteroffizierdienstgraden. Raketen, Kanonen und Maschinengewehr gehören zur Bewaffnung. An der EU-Operation Atalanta zur Piratenbekämpfung am Horn von Afrika hat sich die finnische Marine auch schon beteiligt.

Transport von Militärjournalisten zum Übungsort  -  Foto: Peter E. Uhde

Im Stützpunkt liegt das unterirdische Lagezentrum. Die Schweizer erinnert es an eine Alpenfestung. Im Lageraum sind Karten und Bildschirme zu sehen. Auf den Monitoren werden aus verschiedenen Quellen, unter- und über Wasser, Informationen erfasst, aus- und bewertet. Ein russischer Tanker auf dem Weg nach Petersburg ist auf einem der Bildschirme zu sehen, ein norwegischer Containerfrachter wird in Richtung Ostsee beobachtet. Hinter den Besucher schließen sich wieder die Stahltürmen, im Vorraum die zurückgelassenen die Handys wieder aufgenommen. Nach einem guten Stück Weg ist der unscheinbare Eingang erreicht.

Landungsoperation auf Lammö  

Mit zwei Landungsbooten wird die Journalistengruppe durchgeschüttelt zur Insel Lammö übergesetzt. Mit bis zu 60 Stundenkilometer können die Boote über Wasser gleiten. Commander Sami Nurmi führt ein Marineinfanteriebataillon in der einzigen schwedisch sprechenden Brigade.

Nach einer Lageeinweisung erfolgt die Landungsoperation mit zwei Booten. Die Verteidiger werden  überrascht, die Angriffszüge versuchen sich schnell vom Ufer zu lösen und stoßen auf das Angriffsziel zu. Nach heftiger Gegenwehr gelingt es den Angreifern das Objekt zu nehmen.

Landungsoperation auf der Insel Lammö  -  Foto: Peter E. Uhde

Finnland versucht sich mit einer eigenen Rüstungsindustrie unabhängig von Auslandskäufen zu machen. Einen Einblick zeigt eine kleine Waffenschau. Der neue Lastwagen 8x8 ist eine Entwicklung der Firma Sisu. Fahrer und Beifahrer sitzen in einer stark gegen Minen geschützten Kabine. Die 1931 gegründete Firma stellt sowohl zivile wie militärische Lastwagen her. Die Firma Patria stellt ihren Radschützenpanzer AMV 120-Millimeter-Minenwerfer als Turmlösung vor. Zu besichtigen ist auch eine Startrampe für Drohnen. Hersteller ist die Firma Robonic, die europäischer Markführer auf diesem Spezialgebiet ist.

Sammeln der finnischen Marineinfanterie nach Übungsende  -  Foto: Peter E. Uhde

Geschichte und Kultur

Anfang des 19. Jahrhunderts erobert Russland Finnland und betrachtet es fortan als Pufferzone gegen Schweden. War das Verhältnis zu den Russen anfangs relativ problemlos, kommt es 1904 zum tödlichen Attentat  gegen den russischen Generalgouverneur, der finnische Täter tötet sich anschließend selbst. 1906 bekommt Finnland eine neue Verfassung, in der u.a. das Frauenwahlrecht, als erstes Land in Europa, festgeschrieben ist. 1917 ist des Zaren Macht auch in Finnland zu Ende und das Land erklärt sich am 6. Dezember für unabhängig. Dieser Tag ist heute noch Nationalfeiertag.

Am 30. November 1939 greift die Sowjetunion Finnland an. Der Winterkrieg endet mit dem Friedensvertrag vom 13. März 1940, der den Verlust von einem Großteil Kareliens bedeutet. Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 verbindet sich Finnland mit Deutschland. Anfängliche finnische Erfolge führen aber letztlich nur zu einem Separatfrieden mit der Sowjetunion, in dem die Gebietsverluste des Winterkrieges bestätigt werden.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges bleibt Finnland neutral. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion orientiert sich Finnland mehr nach Europa und tritt 1995 der Europäischen Union bei. Die Finnische Mark  wird 2002 durch den Euro als Landeswährung ersetzt.

Zum Besuchsprogramm des EMPA-Kongresses gehört die 1748 erbauten Seefestung Suomenlinna. Sie ist eines der  kulturellen Schätze Finnlands und wird 1991 in die Weltkulturerbenliste der UNESCO aufgenommen. Auf der Helsinki vorgelagerten Insel ist auch die Marine Akademie stationiert. Ihre Aufgaben erläutert Captain Sakari Martimo. Seinen Ausführungen schließt sich Commander Hanns-Peder Mogensen an, der über eine relativ unbekannte  maritime Kooperation von Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden unter dem Kürzel NORDEFECO (Nordic Defence Cooperation) berichtet.

Generalversammlung und Kongress 2014

Die satzungsgemäße Generalversammlung fand im Ständehaus statt. Staatssekretär Marcus Rantala begrüßt die Kongressteilnehmer und erläutert kurz die finnische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik.  Eines scheint klar zu sein, der Beitritt zum Atlantischen Bündnis wird von der Politik und der Mehrheit der Bevölkerung momentan nicht befürwortet. In der Diskussion über die Vor- und Nachteile einer Wehrpflicht- oder Berufsarmee überwiegen die Argumente zu Gunsten der Wehrpflichtarmee, die auch der finnische Redner vertritt.

Der Kongress 2014 wird im Herbst 2014 in Tallin in Estland stattfinden. Helsinki zeigte wieder einmal, dass es schwierig ist, für die seit 1977 bestehende EMPA sicherheitspolitisch tätige Mitglieder und  einen Kongressausrichter zu finden. Deutschland hat 1997 unter dem damaligen Präsidenten, Brigadegeneral a.D. Winfried Vogel, mit Unterstützung des Verteidigungsministeriums, zum letzten Mal einen Kongress ausgerichtet. 

 

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