Von Peter E. Uhde

Meldungen über Drohgebärden Nordkoreas gegen Südkorea und die Vereinigten Staaten von Amerika sind an der Tagesordnung. Von einer Annäherung beider Gesellschaftssysteme ist nichts zu spüren. Im folgenden Beitrag steht der Korea-Krieg im Mittelpunkt, dessen Auswirkungen u.a. zur Aufstellung der Bundeswehr führten.

Am Sonntag, dem 25. Juni 1950 greift die nordkoreanische Armee mit massiven Kräften die südkoreanische Hauptstadt Seoul an und nimmt sie zwei Tage später ein. Der Korea-Krieg hat begonnen und dauert drei Jahre. Erst am 27. Juli 1953, vor 60 Jahren, wird ein Waffenstillstandsabkommen zwischen der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik  (KDVR/Nordkorea) und der Republik Korea (ROK/Südkorea) geschlossen. Der „vergessene Krieg“ ist bis heute nicht offiziell beendet.  An der 248 Kilometer langen und vier Kilometer breiten entmilitarisierten Zone entlang des 38. Breitengrades stehen sich 1,2 Millionen aktive Soldaten Nordkoreas und 660.000 Soldaten Südkoreas gegenüber. Hinzu kommen rund 37.000 Soldaten der mit Südkorea verbündeten amerikanischen Streitkräfte. Zuständig für die Einhaltung des Waffenstillstandes sind von Beginn bis heute die Vereinten Nationen.

Kurze Vorgeschichte des Krieges

Nach der Niederlage des Zarenreiches im Krieg gegen Japan 1904/05 bekommt Japan u.a. das Protektorat über das damalige Königreich Korea zugesprochen. Japan tritt damit in die Reihe der Großmächte ein und wird vorherrschende Macht im Fernen Osten. 1910 annektiert es Korea. Hunderttausende Einheimische fliehen im Laufe der Jahre vor den ungeliebten Japanern in die Mandschurei, nach Sibirien, China, Russland und in andere Länder.        

Am 7. Dezember 1941 greift Japan die in Pearl Harbour auf Hawaii liegende amerikanische Pazifikflotte an. Der zweite Weltkrieg breitete sich damit in den pazifischen und südostasiatischen Raum aus. Zwei Jahre später beschließen der amerikanische Präsident Theodore Roosevelt, Englands Premierminister Winston Churchill und Chinas Generalissimus Tschiang Kai-schek, dass „Korea zu gegebener Zeit frei und unabhängig“ werden soll.

Bei der Konferenz der „Großen Drei“ Roosevelt, Churchill  und Stalin vom 2. bis 11. Februar 1945 im Kurort Jalta auf der Halbinsel Krim, wird das Problem des besetzten Koreas nur am Rande behandelt. Das Land soll nach Beendigung des Krieges im Fernen Osten bis zur Übernahme durch eine koreanische Regierung unter Treuhandschaft gestellt werden, den nördlichen Landesteil die Sowjetunion, den südlichen Teil die USA verwalten. Der Vorschlag, den 38. Breitengrad als Trennungslinie zwischen den beiden Verwaltungsmächten zu nehmen, stammt vom amerikanischen Militär.

Die Sowjetunion setzt aber schon im Mai 1945 in Nordkorea eine von Kommunisten geführte „Provisorische Regierung“ ein. Diese ruft am 12. August die „Volksrepublik Korea“ aus. Sofort wird mit dem Aufbau einer Armee begonnen. Sowjetische Instrukteure und in der Roten Armee gediente Koreaner wechseln nur die Uniform. Die Ausrüstung und Bewaffnung der neu aufzustellenden Streitkräfte liefert die Sowjetunion.

In Südkorea verläuft die politische Entwicklung anders. Die amerikanische Administration hat damit gerechnet, dass sich die Koreaner selbständig in „friedlicher Koexistenz“ zwischen Demokratie und Kommunismus zu einem demokratischen Staat entwickeln würden. Um den stockenden Prozess in Gang zu bringen, entsenden die Vereinten Nationen im November 1947, gegen den Einspruch der Sowjetunion, eine Kommission nach Korea. Diese hat den Auftrag, bei der Schaffung einer vereinigenden Regierung behilflich zu sein. Nordkorea verweigert aber die Mitarbeit in dieser Kommission.

In Südkorea hat sich inzwischen der aus dem Exil in den USA zurückgekehrte Politiker Syng-man Rhee etabliert und wird bei den ersten freien Wahlen am 10. Mai 1948, unter  Aufsicht der VN, zum Staatspräsidenten gewählt. Am 15. August wird in Seoul die Republik Korea proklamiert.

Nordkorea reagiert sofort und am 9. September wird in Pjöngjang die Koreanische Demokratische Volksrepublik ausgerufen. Ministerpräsident wird der kommunistische Führer Kim Il-sung. Er wird bis 1992 an der Spitze Nordkoreas stehen. Nachfolger wird sein Sohn Kim Jong-il und nach dessen Tod ist dessen Sohn Kim Jong-un nun Koreas oberster Führer.

Nach den Staatsgründungen verlassen die sowjetischen- als auch die US-Truppen das Land. In beiden Teilen verbleiben Militärberater, die im Süden beim Aufbau einheimischer Streitkräfte, 65.000 Mann Heer, 45.000 Mann Polizei und 4.000 Mann Küstenwache, mithelfen sollen. Eine Aufstellung von Luftwaffe und Marine ist nicht geplant. Als Ausrüstung der neuen Armee dient das zurückgelassene Gerät der Amerikaner. Amerikanische Waffen aus dem Korea-Krieg werden ab 1956 auch zum Aufbau der Bundeswehr verwendet.

Die kommunistischen Befreiungsbewegungen werden stärker

Am 4. April 1949 wird die NATO gegründet, im gleichen Jahr die Volksrepublik China  unter Mao Zedong. Die chinesische Zentralregierung  unter Tschiang Kai-schek flieht auf die Insel  Formosa. Das Selbstbewusstsein der sowjetischen Führung hat seit dem erfolgreichen Atomwaffentest im August 1949 zugenommen. Das bestehende Atommonopol der USA ist gebrochen. Um die Jahreswende 1949/50 verstärken die kommunistischen Befreiungsbewegungen in Südostasien ihre Guerillakämpfe gegen die Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich.

Eine öffentliche Erklärung des amerikanischen Außenministers Dean Acheson am 12. Januar 1950, dass Korea und Formosa außerhalb der von den USA in Fernost beanspruchten militärischen Interessenzone läge, bestärkt die Führer Nordkoreas den Südteil mit Waffengewalt zu erobern. Der im Februar geschlossene Freundschafts- und Beistandspakt zwischen Peking und Moskau stärkt auch die Machthaber in Pjöngjang. Die Armee hat eine Stärke von 135.000 Mann, deren Führer haben teilweise Kampferfahrung aus der Sowjetunion und China.  150 Kampfpanzer vom Typ T 34/85 und 150 Kampfflugzeuge sind einsatzbereit. Die Armee Südkoreas hat eine Stärke von 181.000 Mann ist aber ohne moderne Bewaffnung. Kleinere Scharmützel an der Grenze hat es immer wieder gegeben, sie werden aber ohne Geländegewinn geführt.

Angriff am Sonntagmorgen

Um 4 Uhr am 25. Juli 1950 greift die nordkoreanische Armee mit massiven Kräften die südkoreanische Hauptstadt Seoul an und nimmt diese am 27./28. ein. Noch am Tag des Angriffs tritt in New York der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zusammen. Einstimmig wird eine Resolution angenommen, die Nordkorea auffordert seine Truppen zurückzuziehen.  Die Einstimmigkeit ist möglich, weil die Sowjetunion seit Jahresbeginn die Sitzungen sabotiert. Aus dem Nicht-Veto der Sowjets können zwei Schlüsse gezogen werden. Entweder war die Sowjetunion selbst überrascht worden, was relativ unwahrscheinlich ist, oder sie rechnete nicht mit einem Eingreifen der Amerikaner und mit einem schnellen Erfolg der Nordkoreaner.

US-Präsident  Harry S. Truman veranlasst sofortige Munitions- und Waffenlieferungen an Südkorea und die Evakuierung der US-Bürger. Teile der 7. US-Flotte werden in die Straße von Taiwan verlegt. Oberbefehlshaber des US-Fernost-Kommandos ist General Douglas MacArthur, der die Kapitulation Japans 1945  auf dem Schlachtschiff „Missouri“ entgegengenommen hatte. Nordkorea ignoriert die erste UN-Sicherheitsresolution. Am 27. Juni sanktioniert der Sicherheitsrat, auf Druck der USA, militärische Operationen gegen den Überfall Nordkoreas. Es kommt zum ersten Mal in der Geschichte der Völkergemeinschaft zu einen von diesem sanktionierten Einsatz von Waffengewalt gegen einen Aggressor.

Der Verlauf des Krieges

General MacArthur wird zum Oberbefehlshaber des United Nations Command ernannt. Anfang Juli landen die ersten amerikanischen Heeresverbände, sie wurden aus den Besatzungstruppen in Japan gebildet, im Hafen von Pusan. Am 17. Juni folgen Truppen aus den USA. Bis Mitte September haben nordkoreanische Truppen die südkoreanischen, amerikanischen und britischen Verbände rund um die Hafenstadt Pusan eingeschlossen.

Am 15. September treten die VN-Streitkräfte aus dem Brückenkopf Pusan und mit einer amphibischen Landung im Rücken des Gegners bei Inchon zum Gegenangriff an. Diesem Zangenangriff haben die Nordkoreaner nichts entgegenzusetzen. Am 29. September ist Seoul wieder in südkoreanischer Hand und die VN-Streitkräfte  haben den 38. Breitengrad  erreicht. Damit sind der alte Grenzverlauf und die politische Integrität Südkoreas wieder hergestellt. Es stellt sich die Frage, den Krieg beenden oder bis zur Niederlage Nordkoreas weiterführen? Truman befiehlt den Vorstoß nach Nordkorea. Um keinen Konflikt mit China und der Sowjetunion heraufzubeschwören, soll MacArthur an der Grenze zur Mandschurei und zur Sowjetunion nur koreanische Truppen einsetzen.

Chinesische „Freiwilligenverbände“ greifen ein

Am 8. Oktober beginnt der Vormarsch über den 38. Breitengrad nach Norden. Er verläuft zügig bis am 25. November die entscheidende Kriegswende eintritt. Bereits im Oktober/November haben chinesische Freiwillige auf Seiten der Nordkoreaner VN-Verbände in Gefechte verwickelt, so greifen jetzt die Rotchinesen mit etwa 200.000 Soldaten die VN-Truppen an. Präsident Truman sieht sich gezwungen, am 15. Dezember den nationalen Notstand zu verkünden.

Die massiven Angriffe zwingen die VN-Truppen zum Rückzug. Am 4. Januar 1951 ist Seoul wieder in der Hand der Kommunisten. Generalleutnant Matthew B. Ridgway, Kommandeur der 8. Armee, baut etwa 60 Kilometer südlich von Seoul eine neue Verteidigungsstellung auf.

Dass es zu dieser prekären Lage kommt, ist MacArthur anzulasten. Er hat Warnungen vor dem bestehenden Eingreifen der Chinesen nicht ernst genommen. Seine politischen An- und Absichten sowie seine Führung sind bei Truman bereits mehrmals auf Unverständnis gestoßen. Jetzt verlangt MacArthur weitere amerikanische Truppenverstärkung, Vergeltungsangriffe auf Chinas Rüstungsindustrie, eine Küstenblockade sowie Einsätze von Truppen Nationalchinas.

„Es gibt keinen Ersatz für den Sieg“

Am 20. März schreibt MacArthur an den Fraktionsvorsitzenden der oppositionellen Republikaner im Repräsentantenhaus: „Es scheint ausgesprochen schwierig für einige Politiker zu erkennen, dass die kommunistischen Verschwörer die Entscheidung getroffen haben, hier in Asien den Hebel zur Eroberung der Welt anzusetzen und dass wir den Kampf angenommen haben, der uns auf dem Schlachtfeld angeboten wurde; dass wir hier für Europa den Krieg mit Waffen führen, während ihn die Diplomaten dort mit Worten austragen; das der Untergang Europas unausweichlich ist, wenn wir diesen Krieg in Asien an die Kommunisten verlieren, dass aber, wenn wir ihn gewinnen, Europa den Krieg vermeiden und sich die Freiheit erhalten wird. Wie Sie schon dargelegt haben: Wir müssen gewinnen: Es gibt keinen Ersatz für den Sieg.“

Den in der Öffentlichkeit auftretenden politisch-militärischen Konflikt löst Truman am 11. April 1951 durch die Absetzung MacArthurs, Nachfolger wird Ridgway. Truman begründete  seine Entscheidung später mit der Aussage: „General MacArthur war bereit einen Weltkrieg zu riskieren. Ich war es nicht.“

Zwei Jahre wird bis zum Waffenstillstand verhandelt

Die Waffenstillstandsverhandlungen beginnen im Juli 1951 in Kaesong, der heutigen Sonderwirtschaftszone, und schlagen erst einmal fehl, so dass die Kämpfe wieder ausbrechen und jede Seite versucht Geländegewinne zu erzielen. Im Oktober werden sie in Panmunjon fortgesetzt, wobei einer der Hauptstreitpunkte der Austausch der Kriegsgefangenen ist. Im Mai 1952 sind sie völlig festgefahren. In dieser Phase wird Ridgway zum Nachfolger von Dwight D. Eisenhower als NATO-Oberbefehlshaber in Europa ernannt. Der Republikaner Eisenhower kandidiert für das Präsidentenamt, eines seiner Wahlversprechen ist die schnelle Beendigung des Koreakrieges.

Erst nach dem Tod des sowjetischen Diktators Josef W. Stalin am 3. März 1953 werden die Verhandlungen wieder aufgenommen. Im Juli greifen die Nordkoreaner nochmals an, werden aber zurückgeschlagen. Es ist das letzte Gefecht des Koreakrieges. Am 27. Juli um 10 Uhr unterzeichnen in einer Baracke in Panmunjon die beiden Generalleutnante Chai Ung-jun und William K. Harrison das bis heute geltenden Waffenstillstandsabkommen.

Die Kriegsfolgen sind nicht überwunden

Die Verluste auf beiden Seiten der Kriegsparteien waren bei den Truppen und der Zivilbevölkerung hoch. Im Laufe des Krieges kämpfen fast eine Million Soldaten aus folgenden Nationen auf koreanischem Boden: Amerika, Südkorea, Türkei, Australien, Großbritannien, Belgien, Frankreich, Luxemburg, Kanada, Kolumbien, Südafrika, Neuseeland, Äthiopien, Griechenland, Niederlande, Philippinen, Thailand gegen Nordkoreaner und chinesische „Freiwilligenverbände“. Indien, Schweden und Dänemark beteiligen sich mit Lazaretteinheiten.

Die UN-Truppen zählten über 500.000 Verluste, davon 95.000 Tote, allein die Amerikaner beklagten 33.665 Tote. Auf Seiten von Nordkorea und China sollen es mehr als 1,5 Millionen Tote gegeben haben, darunter auch der zu Kriegsbeginn gefallene Sohn Maos, Mao Anying. Bei der koreanischen Zivilbevölkerung werden bis zu drei Millionen Tote geschätzt. Etwa die Hälfte der Industrieanlagen und mehr als ein Drittel des Wohnraums waren in ganz Korea zerstört. Die US-Luftwaffe warf mehr Bomben in Korea ab als im Vietnamkrieg. Die Amerikaner kostete der Krieg mehr als 15 Milliarden US-Dollar und die Alliierten circa 1,5 Milliarden. Verstöße gegen das Kriegsvölkerrecht sind nachweisbar, u.a. das Massaker in der Nähe von No Gun Ri, wo US-Truppen etwa 400 Zivilisten töteten.     

Das deutsche Hospital in Pusan

Auf einer Reise 1953 durch die Vereinigten Staaten verspricht Bundeskanzler Konrad Adenauer den Amerikanern ein Lazarett zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung Koreas. Leitung und Durchführung des Lazarett-Einsatzes überträgt die Bundesregierung dem Deutschen Roten Kreuz. Im Dezember wird das Material auf dem Seeweg nach Pusan verschifft. Rund 80 Personen, 10 Ärzte, 2 Apotheker 25 Schwestern sowie Verwaltungspersonal und Techniker folgen. Am 24. April wird ein Schulbau übernommen und ab 16. Mai stehen 250 weiß bezogene Betten zur Aufnahme der ersten Kranken bereit. Das Korea-Hospital besteht bis März 1959. Leiter der chirurgischen Abteilung ist Dr. Eberhard Daerr. Im Mai kommt er aus Korea zurück und tritt als Oberstabsarzt in die Bundeswehr ein. 1969 wird er der vierte Inspekteur des Sanitäts- und Gesundheitswesen der Bundeswehr.

Für die Bundesrepublik Deutschland bedeutet der Koreakrieg die schnellere Integration in die westliche Staatengemeinschaft. Nach dem der Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft an den Franzosen gescheitert ist, wird der Aufbau eigener Streitkräfte stark forciert.

In der Militärwissenschaft nimmt der Korea-Krieg einen breiten Raum ein. Befürchtungen, dass das kommunistische Regime der DDR die Bundesrepublik Deutschland angreifen könnte, sollten entgegengewirkt werden. Der Korea-Krieg hat zudem gezeigt, dass die atomare Abschreckung alleine nicht ausreicht. Zur glaubwürdigen Abschreckung gehört auch das Gleichgewicht konventioneller Streitkräfte.

Peter E. Uhde

 

Einige Literaturhinweise:

Christoph Kleßmann/Bernd Stzöver (Herausgeber): Der Koreakrieg. Wahrnehmung-Wirkung-Erinnerung. Böhlau Verlag, Wien 2008.

Rolf Steininger: Der vergessene Krieg. Korea 1950-1953. Olzog Verlag, München 2006.

Christian Stachelbeck: Der Koreakrieg 1950-1953. Ereignis, Wahrnehmungen, Folgen. In: Militärgeschichte 11 (2001).

Bernhard Heimann: Versuch einer neuen Sicht auf den Koreakrieg. In: Militär-Geschichte 5/1990; Hrsg. Militärgeschichtliches Geschichtliches Institut Potsdam.

Christian Greiner: Der Korea-Krieg und die Folgen. In: Information für die Truppe 7/80.

 

Oben                                                                                                                                                                    Zurück

Unsere Partner: