AFGHANISTAN – nichts ist gut?

Der Internationale Sicherheitspolitische Kongress Baden-Württemberg fand zum 17. Mal, wie immer am dritten Novemberwochenende, vom 19. bis 20.11. 2010 statt.

Die Schirmherrschaft für den Kongress hatte freundlicherweise der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Herr Stefan Mappus, übernommen. An seiner Stelle überbrachte Herr Ministerialdirektor Günther Benz das Grußwort der Landesregierung.

Landesvorsitzender V, BrigGen a.D. Wolfgang Kopp bei der Begrüßung

Neben dem Landesbereich V - Baden-Württemberg der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik (GfW) und dem Landesverband der Reservisten der Bundeswehr VdRBw) konnte in diesem Jahr erstmals auch der Deutsche BundeswehrVerband (DBwV) als Mitveranstalter gewonnen werden.

Mit der Stadt Baden-Baden wurde ein neuer Veranstaltungsort gewählt. Das Kurhaus und das Kasino boten für die Durchführung des Kongresses ein nahezu einmaliges Ambiente mitten in der reizvollen Stadt.

Die Freundlichkeit der Aufnahme in Baden-Baden wurde unterstrichen durch einen Empfang für ausgewählte Gäste unmittelbar vor Beginn des Kongresses. Oberbürgermeister Wolfgang Gerstner ließ es sich nicht nehmen, die Kongressteilnehmer persönlich willkommen zu heißen und dem Kongress einen guten Verlauf zu wünschen.

Empfang durch Baden-Badens OB Wolfgang Gerstner

Der diesjährige Kongress stand unter dem Motto „AFGHANISTAN – nichts ist gut?“ – eine Fragestellung, die sich auf die im Frühjahr 2010 aufgestellte Behauptung bezog, dass dort nichts in Ordnung sei.

Ziel war es, den rund 200 Mitgliedern und Gästen einen tieferen Einblick in die aktuelle Lage in Afghanistan zu geben, als dies üblicherweise in der täglichen Berichterstattung der Medien erfolgt.

Unter den Gästen waren u.a Ministerialdirektor Günther Benz als Vertreter der Landesregierung, der Landrat des Landkreises Sigmaringen, Dirk Gaerte, die Fraktionsvorsitzenden der im Stadtrat vertretenen Parteien, der Kommandierende General des EUROKORPS, Generalleutnant Hans-Lothar Domröse, der Stellvertretende Kommandeur der 10. Panzerdivision, Brigadegeneral Manfred Hofmeyer, der Kommandeur des Landeskommandos Baden-Württemberg, Oberst Franz Arnold, die Präsidentin der GfW, Ulrike Merten, der Präsident des VdRBw, Gerd Höfer und sein Stellvertreter Roderich Kiesewetter, MdB, sowie als Vertreter des Bundes Deutscher Fallschirmjäger bzw. der Deutsch-Atlantischen und der Clausewitz-Gesellschaft. die Generalmajore a.D. Georg Bernhardt und Christian Millotat.

 

Plenum im Baden-Badener Kurhaus

Aus Österreich nahm teil als Vertreter des Militärkommandos Vorarlberg Oberst Erwin Ritter von Fitz. Frau Oberstleutnant Heidi Kornek war die Vertreterin der Schweizerischen Offiziersgesellschaft.

Nach der Begrüßung durch die Landesvorsitzenden und der Einführung in das Thema durch den Landesvorsitzenden der GfW, Brigadegeneral a.D. Wolfgang Kopp, folgten drei Vorträge, die diesem Kongress eine außerordentliche inhaltliche Qualität verliehen.

Mit Herrn General a.D. Karl-Heinz Lather,  zuletzt Chef des Stabes SHAPE, Frau Susanne Koelbl, Korrespondentin des International Affairs Departments, DER SPIEGEL, und Frau Suzana Lipovac, Aktion Kinderberg Stuttgart, konnten Vortragende gewonnen werden, die aufgrund ihres häufigen Aufenthalts im Land und ihrer Tätigkeiten aus erster Hand beurteilen können, wie es um die Entwicklung in Afghanistan steht.  

General a.D. Karl-Heinz Lather sprach am Freitagabend zum Thema „Die NATO im Einsatz – Schwerpunkt Afghanistan“. Er beleuchtete aus seiner Tätigkeit an der politisch-strategischen Schnittstelle und in der Schaltzentrale des militärischen Einsatzes die weltweiten Einsatzgebiete der Allianz, zog dann eine Bilanz des bisherigen Einsatzes in Afghanistan aus militärstrategischer und bündnispolitischer Sicht und erläuterte den Strategiewandel des Bündnisses. Einen besonderen Blick warf er auf den Einsatzraum der Bundeswehr.

General a.D. Karl-Heinz Lather (rechts)

Eine lange Diskussion und zahlreiche Fragen zeigten das Interesse, das sein Vortrag geweckt hatte. Der durchaus kritische Dialog in der Diskussion sprach besonders auch die Defizite im zivilen Wiederaufbau an, betonte aber andererseits, dass Besonders der Strategiewechsel im militärischen Einsatz Wirkung zeige. Ob der beabsichtigte Zeitrahmen für die Übergabe der Verantwortung an afghanische Behörden eingehalten werden kann, blieb offen.

Bei einem an den Vortrag anschließenden Abendessen im Kasino des Kurhauses bot sich die Gelegenheit zur Fortsetzung der Diskussion, aber auch zur persönlichen Begegnung in einem sehr würdigen Rahmen.  

Susanne Koelbl,  DER SPIEGEL, Mitautorin des Buches  „Geliebtes dunkles Land – Menschen und Mächte in Afghanistan“ berichtet seit Jahren als Korrespondentin aus Afghanistan und hatte selbst Zugang  und Kontakt zu Gegnern des Einsatzes.

Frau Susanne Koelbl, Korrespondentin des SPIEGEL (rechts)

In ihrem faszinierenden Vortrag „Schicksalsstunden in Afghanistan – was sollen wir jetzt tun?“ schilderte sie aus Ihrer umfangreichen Erfahrung kritisch die Lage in Afghanistan. Es gelang ihr dabei, die Auffassungen und Haltungen auch der Gruppierungen darzustellen, die sich gegen den Einsatz der NATO wenden. Die ausgewogene Darstellung der verschiedenen Positionen, des Für und Wider in Afghanistan, mündete in eine äußerst rege Diskussion im Plenum, die sich dem Vortrag anschloss.

Suzana Lipovac von der Aktion Kinderberg in Stuttgart, u.a. Trägerin des Förderpreises der Dönhoff-Stiftung 1999, schloss die Vortragsrunde des diesjährigen Kongresses ab zum Thema „ Zivil-militärische Zusammenarbeit in Afghanistan“.

Frau Suzana Lipovac, Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende und Gründerin von KinderBerg International, Stuttgart (rechts)

Die Aktion Kinderberg in Stuttgart leistet in ca. 40 medizinischen Betreuungsstellen humanitäre Hilfe vor Ort in Afghanistan und ist eine der wenigen Organisationen, die sich offen zur Zusammenarbeit mit der Bundeswehr bekennen. Dieses mutige Bekenntnis findet nicht überall Zustimmung, findet aber mehr und mehr Anerkennung, wie die Verleihung des Förderpreises zeigt.

GfW-Präsidentin Ulrike Merten fragt nach

In einem ebenfalls faszinierenden, hoch spannenden und auf zahlreiche Bilder gestützten Vortrag berichtete Frau Lipovac von der alltäglichen Arbeit ihrer humanitären Organisation an der Basis. Sie legt Wert auf eine klare Trennung nachhaltiger humanitärer Hilfe und militärischer Aufgaben. Professionelle Hilfe ist nur durch entsprechend ausgebildete zivile Helfer möglich. Die Unterstützung durch Einrichtungen des Sanitätsdienstes der Streitkräfte ist dabei aber ebenso willkommen, wie der militärische Schutz und die Absicherung im Einsatzraum. Sie betonte, dass jeder Einsatz mit der Bevölkerung und allen beteiligten Verantwortlichen vor Ort sorgfältig abgestimmt und nur, wenn alle zustimmen, auch durchgeführt wird.

Mit diesen drei herausragenden Vorträgen wurde nicht nur ein Niveau erreicht, das die Messlatte für zukünftige Kongresse sehr hoch legt, sondern wurde den Kongressteilnehmern mehr als nur mit Schlaglichtern ein Einblick in die Lage in Afghanistan gegeben. Der Zwiespalt der Entwicklung zwischen Erfolg und Misserfolg wurde ebenso deutlich, wie die Chancen und Risiken. Die vermittelten Eindrücke werden den Kongressteilnehmern sicher erleichtern, Medienberichte zu bewerten oder selbst in die laufende Diskussion über das Für und Wider des Einsatzes am Hindukusch einzugreifen.

Impressionen vom Empfang

Die Tradition dieser Kongresse wird im Jahr 2011 in Baden-Baden fortgesetzt.

Text:   Wolfgang Kopp

Fotos: Johann Michael Bruhn

Oben                                                                                                                                                                    Zurück

Unsere Partner: